Varadero: Ausflug nach Cárdenas

Lust auf eine radikale Gegenerfahrung zur glitzernden Hotelwelt von Varadero? Direkt vor den Toren des Strandbades erwartet dich in Cárdenas vor allem eine ordentliche Portion „Cuba auténtica“. Doch hat die auf den ersten Blick nicht besonders attraktive Stadt auch ihre charmanten Ecken, in denen ihre glanzvollen Zeiten noch durchschimmern.

Neben einigen Landschafts- und Naturattraktionen locken vor Varaderos Haustür auch zwei interessante kulturelle Ziele: die Städte Matanzas und Cárdenas. Vor allem zu letzterer Stadt, die in diesem Artikel vorgestellt wird, ist es von Varadero nur ein Katzensprung von gerade einmal 15 Kilometern. Trotzdem wartet eine Welt, wie sie konträrer kaum sein könnte – dort ein wohlhabendes Strandbad, hier eine marode Provinzstadt, der es an allen Ecken und Enden an Geld fehlt.

Dabei zählte Cárdenas noch im 19. Jahrhundert Cárdenas als bedeutender Zuckerexporthafen zu Kubas Boomstädten und war Vorreiter in Sachen Modernisierung. Der Reichtum schlug sich damals im Stadtbild nieder, lässt sich nach Jahrzehnten des Verfalls heute aber nur noch erahnen.

Um wieder in alter Pracht erblühen zu können, bräuchte Cárdenas eine längst überfällige Sanierung, wie sie zum Beispiel das Zentrum der Provinzhauptstadt Matanzas vor einigen Jahren bekommen hat. Dank dieser Schönheitskur hat der zuvor ebenfalls marode große Bruder derzeit in puncto Schauwert deutlich die Nase vorn. Allerdings liegt Matanzas auch etwa dreimal so weit von Varadero entfernt wie Cárdenas, wohin man sich gegebenenfalls sogar per Rad aufmachen kann.

Die wenigen Besucher kommen als Tagesausflügler von Varadero, und kaum einer übernachtet in Cárdenas. Falls du dennoch hier hängenbleiben solltest, geben wir dir hier einen Unterkunftstipp. Viele weitere Infos sowie einen Stadtplan hält das Stefan Loose Travel Handbuch Kuba bereit.

Unterkunftstipp für deinen Aufenthalt in Cárdenas:
Da kaum ein Besucher über Nacht bleibt, gibt es nur wenige Pensionen in Cárdenas. Das Hotel La Dominica hat als Ort, an dem 1850 erstmals die kubanische Fahne gehisst wurde, jede Menge historischen Charme. Doch seine Restauration wird noch eine ganze Weile dauern. Bis dahin ist das Aparthotel Acuarius die beste Adresse der Stadt: Die drei großen Apartments sind sehr sauber und stylish und zudem locken eine große Terrasse und zwei Pools. Hier findest du das Hotel bei Homestay.com.

Die Straßen von Cárdenas sind voller schöner Fotomotive

Varaderos Umland: Ausflug nach Cárdenas

Du kannst Cárdenas leicht von Varadero aus ansteuern und auf diese Weise etwas Abwechslung in deinen Strandalltag einbauen sowie gleichzeitig ein paar authentische Erfahrungen in Kuba sammeln.

Wissenswertes vorab

Wer heute durch die vom Zahn der Zeit angenagten Straßen von Cárdenas zieht, kann sich nur schwer vorstellen, dass die Stadt mal deutlich bessere Zeiten erlebt hat. Erst 1828 gegründet, stieg Cárdenas zu Zeiten des Zuckerbooms Mitte des 19. Jahrhunderts schnell zu einem der wichtigsten ökonomischen Zentren Kubas auf.

Hier liefen von einem der größten Zuckerexporthäfen des Landes Schiffe aus, um das „Weiße Gold“ in alle Welt zu transportieren, und hier wurde eine der bedeutendsten Rummarken des Landes hergestellt. Mit dem zunehmenden Reichtum bekam Cárdenas als eine der ersten kubanischen Städte einen Eisenbahnanschluss, eine Straßenbahn und eine elektrische Straßenbeleuchtung. Bis die Weltwirtschaftskrise 1929 die strahlenden Lichter der Modernisierung schlagartig ausknipste. Wirklich erholt hat sich die Stadt davon nie, mit jeder Dekade verblasste der einstige Glanz mehr.

Auch politisch setzte Cárdenas als „Fahnenstadt“ (ciudad bandera) ein Ausrufezeichen: 1850, noch mitten in der spanischen Kolonialherrschaft, wehte hier nach einem lokalen, aber schnell niedergeschlagenen Aufstand erstmals die kubanische Nationalfahne im Wind.

Heute steht die Stadt im Schatten der Nachbarn Varadero und Matanzas und sieht nur wenige Touristen. Vom mächtigen Investitionsstrom Richtung Varadero bleiben nur ein paar Tropfen übrig, doch seit ein paar Jahren tut sich auch in Cárdenas einiges. Dabei gilt das Motto: Klasse statt Masse. Wer ein bisschen sucht, findet ein paar wunderschöne Hingucker, darunter eines der besten Museen des Landes, ein außergewöhnliches Gotteshaus und eine Markthalle mit einzigartiger Architektur.

Spannend sind aber auch die authentischen Einblicke ins ungeschminkte Alltagsleben. Beim Bummel entlang der Hauptstraßen versteht man schnell, warum Cárdenas als Stadt der Kutschen und Fahrräder gilt – ein interessanter Gegenpol zum modernen Varadero. Es gibt also locker genug zu sehen, was deine Aufmerksamkeit fesseln und deine Kamera beschäftigen kann.

Cárdenas ist die Stadt der Kutschen …
… und der Fahrräder

Anfahrt und Zeitplanung

Mietauto, Taxi, Mofa oder Fahrrad?

Da zwischen Varadero und Cárdenas keine öffentlichen Transportmittel verkehren, sondern nur Busse für die pendelnden Arbeiter, ist man auf ein eigenes Transportmittel oder ein Taxi angewiesen. Falls du ein Taxi nimmst, findest du sie am günstigsten in Varaderos Vorort Santa Marta.

Bei der kurzen Distanz zwischen den beiden Städten braucht man eigentlich keinen Leihwagen – ein deutlich günstigeres Mofa, das in Varadero an mehreren Büros entlang der Hauptstraße Avenida Primera verliehen wird, tut es auch. Oder wie wäre es, sich einfach ein Fahrrad zu leihen und a lo cubano auf den Weg zu machen? Wer Fahrräder verleiht, kannst du im Hotel oder deiner Pension erfragen.

Beim Verlassen von Varadero biegst du direkt hinter der Brücke über die Laguna Paso Malo links ab auf die Straße nach Cárdenas und bist schon nach einer Viertel- bis Dreiviertelstunde Fahrt am Ziel angelangt.

Tipps für die Zeitplanung

Die Stadt ist mit rund 100.000 Einwohnern recht groß, doch das Zentrum lässt sich gut zu Fuß erkunden. Mach diese Tour möglichst nicht am Sonntag oder Montag, da dann die Museen, die zu den „Schmankerln“ der Stadt zählen, nur kurz geöffnet oder ganz geschlossen haben.

Starten solltest du den Rundgang bei der Kathedrale, da diese unregelmäßig, aber am ehesten vormittags geöffnet ist. Ansonsten befinden sich die wenigen Sehenswürdigkeiten alle recht dicht beieinander im Zentrum und liegen an drei Plätzen: Parque Colón, Plaza Spriú und Plaza Malakoff, alle befinden sich nahe der beiden Hauptstraßen Avenida Céspedes und Calle 13 (Calzada). Insgesamt wirst du nur wenige Kilometer laufen müssen. Plane für diesen Ausflug etwa fünf Stunden ein.

Cárdenas, der Stadt der Fahrräder, stattet man am besten per Drahtesel einen Besuch ab

Catedral de la Inmaculada Concepción

Das attraktive Gotteshaus im griechisch-römischen Look mutet älter an, wurde aber erst 1846 errichtet. Ein Altar ist der Vírgen de la Caridad, der Schutzheiligen Kubas, gewidmet. Vor allem aber ziehen die wunderschön leuchtenden Buntglasfenster staunende Blicke an.

Vor dem Eingang wirft sich ein ganz besonderes Fotomotiv in Pose: die älteste Kolumbusstatue Lateinamerikas aus dem Jahr 1862. Diese Besonderheiten sichern der Kathedrale von Cárdenas einen Platz unter den sehenswertesten Gotteshäusern von ganz Kuba. Beim Besuch solltest du bedenken, dass die Kirche meistens nur vormittags besichtigt werden kann!

Adresse: Plaza Colón

Museo Oscar María de Rojas

Das im schmucken ehemaligen Rathaus untergebrachte Museo Oscar María de Rojas liegt am schönsten Platz von Cárdenas. Es beeindruckt mit seinem vielfältigen Exponate-Mix schon seit 1900 und ist damit Kubas zweitältestes Museum. Und gleichzeitig eines der sehenswertesten des Landes.

Das Spektrum der Ausstellungen umfasst Geschichte, Naturwissenschaften und Archäologie. Besonders die seltene Totenmaske Napoleons, Gegenstände des Nationalhelden José Martí, das älteste Skelett Kubas (fast 6000 Jahre alt), bunte Polymita-Schnecken und afrokubanische Reliquien stechen heraus. Die Nase vorn haben aber zwei präparierte Flöhe, die man in winzige Kleider gesteckt hat! Durch eine Lupe lässt sich das skurrile Pärchen bewundern. Besuchen kannst du das Museum von Dienstag bis Samstag sowie Sonntagvormittag.

Gegenüber, ebenfalls am Platz, liegt das tolle Studio 55, eine derart kunstvoll gestylte Bar, wie man sie eher in irgendeiner hippen Metropole der Welt erwarten würde. Genau der richtige Ort, um die vielen, im Museum gesammelten Eindrücke beim Drink sacken zu lassen.

Adresse: Plaza Spriú

Auch ein barocker Bestattungswagen zählt zu den Stars des Museo Oscar María de Rojas

Museo a la Batalla de Ideas

Lust auf ein weiteres Museum mit einem ganz anderen Thema? Dann steuere auf das prächtigste Gebäude am Platz zu. Das Museo a la Batalla de Ideas vermittelt gute Einblicke, wie verhärtet die politischen Fronten zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten sind.

Das Museum ist Elián González gewidmet, der zur Jahrtausendwende für Schlagzeilen sorgte. Was war passiert? Der Junge hatte als einziger die Flucht auf einem Floß in die USA überlebt. Damals gerade einmal fünf Jahre alt, kam er zu Verwandten in Miami, bis ein Streit um das Sorgerecht entbrannte. Exilkubanische Gruppen heizten das Ganze mächtig an, polarisierten gegen Castro und instrumentalisierten das Kind für ihre antikommunistischen Kampagnen. Schließlich bekam der in Kuba gebliebene Vater das Sorgerecht zugesprochen und Elián kehrte in seine Geburtsstadt Cárdenas zurück.

Weitere Säle verdeutlichen, mit welch drastischen Methoden die Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten versuchen, das politische System Kubas zu Fall zu bringen. Das Spektrum reicht von terroristischen Aktionen über mediale Desinformationskampagnen bis hin zur längsten Wirtschafts- und Finanzblockade der Weltgeschichte. Auch dieses Museum öffnet von Dienstag bis Samstag sowie am Sonntagvormittag.

Adresse: Plaza Spriú

Das Cuartel de Bomberos von 1872 beherbergt heute das Museo a la Batalla de Ideas

Plaza Malakoff

An diesem Platz lässt sich gut erahnen, welch glanzvolle Boomzeiten die Stadt mal erlebt hat. 1859 wurde hier die ungewöhnlichste Markthalle des Landes errichtet, in einer damals in ganz Lateinamerika revolutionär neuen Bauweise. Kubas erste Konstruktion aus geschmiedetem Eisen wird von einer 15 Meter hohen, glänzenden Kuppel gekrönt, die aus den USA importiert wurde.

Damals galt die Plaza Malakoff als einer der schönsten und bedeutendsten Marktplätze des Landes. Heute ist er leider ziemlich verfallen und wartet seit Jahren auf eine Rundum-Sanierung. Doch vielleicht geht es endlich bald los – zumindest die Eisenkuppel wurde kürzlich erneuert.

Adresse: Plaza Malakoff/Plaza de Mercado

Ein Foto aus besseren Zeiten – so schön sieht die Plaza Malakoff nach ihrer Sanierung hoffentlich bald wieder aus

Fazit

Ja, es gibt schönere Städte in Kuba. Aber auch Cárdenas hat viel touristisches Potenzial. Wenn die Stadt irgendwann ihre längst überfällige Restauration verpasst bekommen sollte, wird die verblasste Schönheit wieder zutage treten und das „Aschenputtel“ aufblühen lassen. Bis dahin musst du die Attraktionen noch etwas suchen, erlebst die Stadt aber fest in einheimischer Hand und erfrischend untouristisch und authentisch – was ja auch seinen Reiz hat.

Hotels & Unterkünfte

Wie gesagt kommen fast alle Besucher von Cárdenas per Ausflug von Varadero, was bei der geringen Distanz zwischen den beiden Städten auch zu empfehlen ist. Hier findest du neben der bereits oben beschriebenen Pension in Cárdenas auch ein paar Übernachtungstipps in Varadero:

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